Ernährung und Hämophilie

Gesunde Ernährung ist wichtig – so weit, so klar. Aber was heißt denn überhaupt gesund? Glutenfrei, Low-Carb oder doch lieber gleich Paleo? Und müssen Menschen mit Hämophilie mehr beachten als Menschen ohne?

Die gute Nachricht: Menschen mit Hämophilie können alles essen. Einem gemeinsamen Kochabend mit Familie und Freunden steht nichts im Weg. Nur beim Thema Alkohol ist Vorsicht geboten.

Durch ausgewogenes Essen im Alltag können Menschen mit Hämophilie den typischen Mangelerscheinungen (Vitamin B12, Folsäure, Eisen) vorbeugen und Heilungsprozesse unterstützen. Da der Körper durch die häufigen Blutungen Nährstoffe intensiver verbraucht als bei gesunden Menschen, ist eine gesunde Ernährung besonders wichtig. Sie hilft aktiv zu bleiben, Krankheiten vorzubeugen und Übergewicht zu vermeiden. Denn zu viele Kilos auf den Rippen belasten die Gelenke. Das kann wiederum zu Blutungen führen. Schlank ist also gut.

12 Tipps für einen gesunden Alltag

Damit dir das Thema gesunde Ernährung im Alltag leicht von der Hand geht, findest du hier 12 Ernährungstipps. Wenn du sie beachtest, wirst du dich ganz einfach fitter fühlen.

1. Bunt, bunter, am buntesten

Die Regel ist einfach: Je mehr Farben auf dem Teller, desto besser. Wenn dein Essen aussieht wie ein ganzer Regenbogen aus Gemüse und Obst, schmeckt das nicht nur lecker, sondern schützt dich auch vor Krankheiten. Die bunten Farben kommen durch so genannte sekundäre Pflanzenstoffe zustande, denen verschiedene gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben werden. Sie helfen zum Beispiel dabei, dich vor Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu schützen. Außerdem liefern viel buntes Obst und Gemüse viel Folsäure, Vitamine und Eisen. Da der Körper bei Menschen mit Hämophilie davon immer tendenziell zu wenig hat, ist es gut, ihm eine Extraportion Nährstoffe zu geben.

2. „5 am Tag“

„5 am Tag“ ist eine Faustregel, die dich unterstützt, auch an vollgepackten Tagen den Überblick über die Ernährung zu behalten. Alles, was du dafür tun musst, ist bis fünf zählen. Denn wenn du pro Tag zwei Portionen Obst und drei Portionen Gemüse isst, hast du dich sehr wahrscheinlich schon mit den wichtigsten Nährstoffen versorgt. Eine Portion ist übrigens so viel wie in deine Hand (oder die deines Kindes) passt. So ermittelst du je nach Alter und Größe den richtigen Nährstoffbedarf. Wenn du regelmäßig auswärts isst, zum Beispiel in einer Kantine, kann es sinnvoll sein, dir immer ein paar Obst- und Gemüsesnacks von zuhause mitzunehmen. Dann sind die „5 am Tag“ schnell erreicht und du läufst gar nicht erst Gefahr, Mangelerscheinungen aufzubauen.

3. Zucker ist out

Wer einen Vertrag unterschreibt, schaut genau auf das Kleingedruckte. Das sollte man auch tun, wenn man Lebensmittel kauft, die in einer Verpackung stecken. Es ist wichtig, zu überprüfen, ob in einem Lebensmittel versteckte Zucker sind. Denn – darüber sind sich alle einig – Zucker essen wir viel zu viel. Der macht nicht nur Löcher in den Zähnen, sondern verfettet auch deine Organe. Das macht auf Dauer krank. Und: Zu viel Zucker macht dick. Denn wer dauernd viel Süßes ist, der führt seinem Körper zwar regelmäßig Kalorien zu, aber keine Nährstoffe wie Vitamine, Proteine oder Mineralien. Die Konsequenz: der Körper will immer mehr, denn nährstofftechnisch ist er ja noch gar nicht „satt“. Für Menschen mit Hämophilie ist Übergewicht ein echtes Problem. Denn die ungewohnte Gelenkbelastung kann zu dauerhaften Gelenkeinblutungen führen. Deshalb ist es besonders wichtig, darauf zu achten, dass das Frühstück nicht den Zuckergehalt eines Desserts hat. Versteckte Zucker enden oft auf -ose wie Maltose, Dextrose, Glukose oder Fruktose und sind in vielen Produkten, die du im Supermarkt kaufen kannst, enthalten.

4. Saisonal ist super, regional auch

Gemüse und Obst, das einmal um die halbe Weltkugel geschifft wurde, enthält naturgemäß nicht mehr so viele Nährstoffe wie kurz nach der Ernte. Wer Mangelerscheinungen aktiv vorbeugen möchte, sollte Gemüse und Obst kaufen, das gerade Saison hat und in der Nähe produziert wird. Dann ist der Weg vom Feld auf deinen Teller kurz. Ein Saisonkalender hilft, den Überblick zu behalten.

5. Fleisch und Wurst: Darf’s auch ein bisschen weniger sein?

Fleisch ist beliebt. Um den Körper mit Vitamin B12 und tierischem Eisen zu versorgen, ist es laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ausreichend, pro Woche zwei handtellergroße Portionen Fleisch (Wurst inklusive) zu verzehren. Das sind ca. 300 – 600 Gramm. Weißes Fleisch (z. B. Huhn) ist dabei deutlich gesünder als rotes Fleisch. Rotes Fleisch hat zwar mehr Eisen, kann aber – wenn man zu viel davon isst – unser Erbmaterial schädigen und das Risiko für Krebs erhöhen. Bei Fleisch gilt für die meisten Menschen in Deutschland: weniger ist mehr.

6. Schlechte Fette, gute Fette

Low-Fat war gestern. Zumindest teilweise. Denn der Körper braucht Fette, um beispielsweise fettlösliche Vitamine überhaupt aufnehmen zu können. Etwa 60 – 80 Gramm am Tag sind in Ordnung, sagt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Heute weiß man außerdem, dass bestimmte Fette nicht nur gesund sind, sondern beim Abnehmen unter Umständen sogar helfen können. Diese ungesättigten Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sind in vielen Fischsorten, Pflanzenölen und Nüssen enthalten. Abstand halten sollte man von den mehrfach gesättigten Fettsäuren und vor allen von den so genannten Transfetten. Die finden sich in stark verarbeiteten Lebensmitteln wie Backwaren, Pommes, Tütensuppen und Fertigpizza. Transfette sind künstlich gehärtete Fette, die der Körper schlecht verarbeiten kann. Sie sind unter anderem deshalb so ungesund, weil sie unseren Cholesterinspiegel erhöhen.

7. Wasser ist in

Unser Körper besteht zu mehr als zwei Dritteln (!) aus Wasser. Deshalb ist es wichtig, dass wir ihn immer mit neuem, frischem Wasser versorgen. Nicht versorgen sollten wir unseren Körper mit zuckerhaltigen Getränken wie Cola, Limonade oder Energy Drinks. Zu viel Zucker (besonders in flüssiger Form) rauscht direkt in die Verdauungsorgane, schickt den Körper erst ins Hoch, dann ins Tief und macht auf Dauer krank. Auch wenn es nicht so bunt schmeckt: Wasser ist in, ungesüßter Tee auch. In Deutschland ist übrigens in fast allen Haushalten das Leitungswasser eine hervorragende Quelle, um den Durst zu stillen.

8. Vollkorn hält besser

Nudeln und Brot, die aus Vollkornmehl hergestellt wurden, sind Alleskönner. Sie enthalten wichtige Mineralien, Vitamine und Ballaststoffe. Außerdem – und das ist ein wichtiger Vorteil gegenüber den hellen Mehlprodukten – werden die Kohlehydrate aus Vollkornprodukten im Körper viel langsamer abgebaut. Die Folge: Man bleibt deutlich länger satt, obwohl man nicht mehr Kalorien verspeist hat. Außerdem senken Vollkornprodukte das Risiko für Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes. Sagen wir so: aus gesundheitlicher Sicht spricht alles für Vollkornprodukte. Wer Maß hält, kann sich zwischendurch auch mal eine Packung Weißmehlnudeln aufmachen. Sie sollten nur nicht die Basis deiner Ernährung sein.

9. Die Milch macht’s

Milchprodukte sind ein wichtiger Kalziumlieferant. Kalzium ist gut für starke Knochen. Unter den Milchprodukten ist Naturjogurt besonders gesund, denn die enthaltenen Bakterien helfen zusätzlich dem Immunsystem im Darm. Fruchtjogurt gehört wegen dem enthaltenen Zucker eher zu den Süßigkeiten. Auch Käse und Milch helfen dir, dein Skelettsystem stabil zu halten, wenn du täglich davon eine Portion isst. Bei Menschen mit Hämophilie kommt es häufiger als bei gesunden Menschen zu Osteoporose (Knochenschwund). Deshalb ist es wichtig, dem Körper genügend Kalzium über die Ernährung zur Verfügung zu stellen.

10. Hör auf deinen Körper

Jeder Mensch ist anders. Wenn du die Signale beachtest, die dir dein Körper schickt, hast du schon viel richtig gemacht. Nicht jeder mag oder verträgt alle Lebensmittel gleich gut. Wenn du dich insgesamt ausgewogen ernährst, kannst du ohne schlechtes Gewissen einzelne Dinge weglassen oder deine Schwerpunkte legen. Bitte beachte: So genannte Eliminationsdiäten, bei denen gezielt eine oder mehrere Nährstoffgruppen ausgelassen werden, sind nicht empfehlenswert (zum Beispiel Low-Carb oder Ananas-Diät). Sie führen früher oder später zum Mangel und sind für Menschen mit Hämophilie nicht geeignet.

11. Trends kommen, Trends gehen

Manchmal ist es schwierig, bei den ganzen Ernährungstrends den Überblick zu behalten. Das Gute ist, Trends halten immer nur eine Weile. Dann kommen die nächsten. Ob du dich also intensiver mit einer Ernährungsform beschäftigen möchtest, liegt bei dir. Bevor du dich für eine neue Ernährung entscheidest, solltest du dich mit deinem Arzt, deiner Ärztin oder deiner Ernährungsberaterin austauschen. Sie können dich beraten und wissen, ob in deiner individuellen Situation möglicherweise etwas gegen die neue Ernährung spricht.

12. Hab Spaß

Bei allen Regeln und Empfehlungen sollte der Spaß nicht auf der Strecke bleiben. Essen ist kein Zwang, sondern eine schöne Möglichkeit, dir etwas Gutes zu tun. Und wenn beim Kochen mal etwas schief geht – auch gut! Das gehört dazu.

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