Die Welt ist spannend

Die Neugierde kleiner Kinder ist an manchen Tagen ungebremst. „Aha, ein Loch in der Wand! Mit noch zwei kleinen Löchern drin! Ob mein Finger da reinpasst? Und was steht da überhaupt auf dem Tisch? Das hat mir noch gar niemand gezeigt. Dabei sieht es von unten so spannend aus.“ So oder so ähnlich fühlt sich die Welt für kleine Menschen an, die gerade mobil werden. Alles ist neu. Alles ist interessant. Die Hauptaufgabe der Eltern in dieser schönen und aufregenden Zeit: Die Welt sicher machen, Gefahren erkennen und Freiheiten zum Ausprobieren geben. Ein Balanceakt, der viel Aufmerksamkeit fordert.

Kinder brauchen Freiraum

Stürze, Stolperer und andere Missgeschicke lassen sich nicht vermeiden. Sie gehören zum Großwerden dazu. Ein Kind, das nicht hinfallen darf, wird nicht richtig laufen lernen. Um sich motorisch entwickeln zu können, brauchen Kinder viel Platz und die Möglichkeit, zu fallen. Und wieder aufzustehen. Und wieder zu fallen. So lange, bis sie sicher sind. Das gilt für gesunde Kinder genauso wie für Kinder mit Hämophilie.

Mit Hämophilie die Umgebung entdecken

Kleine Babys mit Hämophilie haben nicht unbedingt mehr Schmerzen oder Blutungen als gesunde Kinder. Sie bewegen sich kaum und haben ein geringes Verletzungsrisiko. Das ändert sich ungefähr ab dem Krabbelalter. In dieser Zeit steigt das Risiko für blaue Flecken, Schrammen und Gelenkblutungen. Je nach Schweregrad der Hämophilie kann das ein guter Zeitpunkt sein, um mit der prophylaktischen Behandlung mit Gerinnungsfaktor oder mit Physiotherapie zu beginnen. Euer Arzt wird dich dazu beraten. Es ist wichtig, dass dein Kind sich bewegen, spielen und toben darf, wie alle anderen Kinder auch. Darüber hinaus kannst du einiges dafür tun, damit dein kleiner Weltentdecker immer wieder sanft landet. Wie du das Verletzungsrisiko in den eigenen vier Wänden möglichst klein hältst, erfährst du in diesen Tipps.

Tipps für eine kindersichere Umgebung

  • In die Hocke gehen
    Um zu verstehen, was deinem Kind gefährlich werden könnte, ist es ungemein hilfreich, wenn du dein Haus oder deine Wohnung einmal in der Hocke „abläufst“. Aus dieser Perspektive erkennst du recht schnell, was das Interesse deines Kinds weckt. Außerdem kannst du die Gefahrenquellen leichter ausmachen, die im Alltag normalerweise nicht in deinem Sichtfeld sind.
  • Stoppersocken und feste Hose schützen
    Damit dein Kind rutschfesten Halt auf dem Boden hat, eignen sich Stoppersocken oder Lauflernschuhe mit sehr weicher Gummisohle. Für die Extra-Portion Schutz rund um den Popo kann es hilfreich sein, eine zweite Windel anzuziehen oder mit Stoffwindeln zu arbeiten. Letztere sind etwas voluminöser als herkömmliche Einmalwindeln. Auch eine Hose aus festem Stoff kann vor Blutergüssen schützen. Abhängig davon, wie schwer die Hämophilie ausgeprägt ist, besteht auch die Möglichkeit, deinem Kind Gelenkschützer anzuziehen
  • Ecken, Kanten und Türen
    Scharfe Kanten und Ecken können bei Stürzen zu Verletzungen am Kopf oder anderen Körperteilen führen. Deshalb ist es gut, wenn du sie – zumindest bis das Gröbste geschafft ist – wegräumst oder mit einem Kantenschutz versiehst. In Türen und Schubladen werden kleine Kinderhände gerne eingeklemmt. Ein Klemmschutz verhindert das.
  • Stolperfallen aus dem Weg räumen
    Bis dein Kind sicher läuft und Stolperfallen souverän umschiffen kann, vergehen Monate. Deshalb lohnt es sich, Teppiche, Kabel oder andere schwierige Elemente aus dem Weg zu räumen. Nach dem Spielen solltest du konsequent aufräumen und eine „freie Bahn“ schaffen.
  • Fenster und Türen schließen
    Kleine Kinder haben einen anderen Schwerpunkt als große Menschen. Ihr Kopf ist im Verhältnis zum Rest des Körpers groß und schwer. Deshalb sehen sie sehr süß aus. Und sie kippen leicht nach vorne. Geöffnete Fenster und Balkontüren sind eine Gefahrenquelle für schwere Stürze. Auch wenn sie eigentlich außerhalb der Reichweite deines Kindes liegen. Denn kleine Kinder sind schon ab einem frühen Alter sehr findig, sich Steighilfen zu organisieren. Das kann zum Beispiel ein Balkonstuhl oder ein herumstehender Hocker sein. Deshalb gilt, wenn du nicht dabei bist: Fenster und Balkontür besser nicht offen stehen lassen. Auch nachts.
  • Treppen mit Gittern sichern
    Treppen sind eine Einladung zum Klettern, um Muskeln zu trainieren und um sich zu beweisen. Allerdings sind sie auch eine Gefahrenquelle für Stürze und Verletzungen. Deshalb solltest du mit deinem Kind nur gemeinsam Treppen gehen oder krabbeln üben. In allen anderen Fällen verhindert ein Treppengitter, dass sich dein Kind alleine auf den Weg macht
  • Der Wickeltisch: Eine Hand am Kind
    Man kann es quasi nicht oft genug sagen: Eine Hand am Kind, wann immer es auf dem Wickeltisch liegt. Egal wie alt. Mal eben das Telefon annehmen oder nur schnell dem Postboten aufmachen? Lieber nicht. Stürze vom Wickeltisch kommen immer wieder vor. Sie können schwere Verletzungen (auch am Kopf) zur Folge haben und sie sind absolut vermeidbar. Wie? Eine Hand am Kind.
  • Medizin und Putzzeug kommen weit, weit weg
    Bunt, flüssig, spannend verpackt, klein und rund: Medikamente und Putzchemikalien sehen interessant aus. Sie haben in Kinderhänden jedoch nichts verloren. Genauso wenig wie Alkohol, Kosmetika, Lampenöle, Düfte und Grillanzünder. Deshalb solltest du diese Dinge so aufbewahren, dass dein Kind keinen Zugriff hat. Am besten geht das in einem abschließbaren Schrank im Bad oder in verschließbaren Kisten. Auch giftige Pflanzen im Haus und im Garten solltest du aus der Reichweite deines Kindes entfernen.
  • Steckdosen sichern
    Steckdosen können – anders als andere Gegenstände in der Wohnung – nicht einfach weggeräumt werden. Da sie von den Erwachsenen häufig benutzt werden, üben sie in der Regel eine ungemeine Faszination auf fast alle Kinder aus. Um Schlimmeres zu verhindern, solltest du freiliegende Steckdosen mit einer Kindersicherung versehen.
  • Auf Lauflernhilfen verzichten
    Für Kinder ab dem Krabbelalter gibt es sogenannte Lauflernhilfen oder Gehfreis. Auf die solltest du besser verzichten. Denn anders als von den Herstellern versprochen, helfen sie deinem Kind nicht, sondern hemmen seine motorische Entwicklung. Außerdem sind sie gefährlich, da es damit immer wieder zu Stürzen kommt. Dein Kind wird ganz sicher laufen lernen, wenn es dazu bereit ist. Auch ohne spezielles Spielzeug.
  • Griffe nach hinten drehen
    Kleine Kinder interessieren sich für Töpfe auf dem Herd. Deshalb solltest du entweder ein Herdgitter anbringen, das verhindert, dass dein Kind nach Knöpfen und Töpfen greifen kann. Oder du drehst alle Pfannen- und Topfgriffe konsequent nach hinten. Auch das Kabel des Wasserkochers sollte außer Reichweite sein.
Toddler boy in a dangerous situation at home. Domestic accident. Child safety concept.
  • Kleinteiliges wegräumen
    Erdnüsse, Gummibärchen, Steinchen, Büroklammern – viele Dinge, die wir in unserem Alltag benutzen, verfügen über eine Größe, die kleinen Kindern bei Verschlucken gefährlich werden kann. Kleinteiliges kann in die Luftröhre gelangen und die Atemwege blockieren. Sorge dafür, dass diese Dinge nicht offen bei dir zu Hause herumliegen.
  • Scharfes und Spitzes sicher verstauen
    Scharfe und spitze Gegenstände wie Messer, Stricknadeln, Reißnägel und Werkzeug solltest du sicher verstauen. Den ganz Kleinen fehlt die Erfahrung, das Wissen und die motorische Sicherheit, um mit diesen Dingen verletzungsfrei umgehen zu können.
  • Regale an die Wand
    Schwere Möbelstücke, die umkippen können, solltest du an der Wand fixieren. Kleine Kinder ziehen sich gerne an allem hoch. Nicht fixierte Regale, zum Beispiel, können dabei umfallen.
  • Das Familienbett sicher machen
    Gitterbettchen sind nicht so euer Ding? Ihr macht lieber Co-Sleeping im großen Familienbett? Gemütlich! Achte darauf, dass der Nachwuchs nicht herausfallen kann. Spezielle Sicherungsgitter helfen zum Beispiel dabei, freiliegende Bettkanten kindersicher zu machen.
  • Tischdecken? Lieber später!
    Sie sehen schön aus, machen das Esszimmer elegant und schützen den Tisch. Für kleine Kinder sind Tischdecken vor allen Dingen eins: Die optimale Runterziehhilfe. Denn wer an dem Stück Stoff zieht, kann in kurzer Zeit alle Dinge auf dem Boden haben, die sonst auf dem Tisch außer Reichweite stehen. Bis dein Kind ein bisschen größer ist, solltest du deshalb auf den Einsatz von Tischdecken lieber verzichten.
  • Eis auf Vorrat
    Für den Fall, dass sich dein Kind doch einmal verletzt, ist es sinnvoll, wenn du ein Coolpack im Kühlschrank lagerst, das du auf die betroffene Stelle auflegen kannst. Wie du Schmerzen bei einem Kleinkind richtig deutest, erfährst du im Artikel Schmerzen bei kleinen Kindern erkennen und verstehen.
  • Dranbleiben
    Das Werk ist vollendet: Dein Zuhause ist mit Kantenschutz, Steckdosensicherung und Co. ausgestattet. Leider kein Grund, weniger aufzupassen. Dein Kind muss lernen, wo Gefahren lauern. Das kann es nur mit dir gemeinsam. Wenn es jetzt mit der Steckdose spielen darf (ist ja eine Sicherung drin), dann kann das schlimme Folgen haben. Spätestens dann, wenn ihr das nächste Mal die Oma besucht, die nicht ihre komplette Wohnung mit Steckdosenschutz ausgestattet hat.

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